LYRIK
winter
draußen
seit tagen nur nebel -
grau, glatt, kalt und ungemütlich,
einfach wenig licht
und innendrin so viel
sehnsucht nach sonne
neujahrsböller
in der stadt
auf den straßen
zwischen den häusern:
erst pfeift's
dann knallt's -
zugleich blitzen
bunte grelle lichtpunkte
am dunklen himmel auf,
sinken hernieder und
verlöschen schnell -
und nochmal das ganze,
und nochmal,
wie lustig!
tiere haben angst
dabei
kriegsflüchtlinge auch
danach - neblige stille und
der müll
bleibt einfach
übrig
welch ein teures
vergnügen!
ende dezember im garten (2 haiku)
sie trotzt atemhauch,
eiseskälte und schneerest:
die christrose blüht!
rosa leuchtet schon
im trüben morgennebel
der winterschneeball
weihnachtstage
am dunklen winterabend
strahlt heimeliges licht
im fenster -
durch die scheibe
verteilt großzügig seine farben
der papier-leuchtstern
und drinnen,
wie von engeln gespielt,
klingt leise musik
wäre es doch überall
so friedlich!
schritte
gestern noch
raschelte
das welke laub
unter den füßen
heute schon
knirscht
der frische schnee
oktober
noch leuchtend gelbe blüten
vor dem dunklen mauerwerk -
geschüttelt vom sturm
reckt sich einsam hoch
die königskerze
40cm neuschnee
die weiße pracht
ruht sich aus
im verzweigten
geäst der bäume
bis sie plötzlich
mit wucht
herunterstaubt
auf die spaziergänger
im park
geräuschkulisse
hier
beklagen wir uns
über autolärm
woanders
fallen bomben
im gespräch
morgen
wird alles besser –
so? von selbst?
nun,
weil wir auf morgen
hoffen…
und was geschieht
heute?
symbole der weisheit
zwei elefanten stehen beieinander
friedlich hier im regal -
handfeste grüne jade
und
kräftiger rosenquarz -
grübelnd…
woran hat hannibal
bei der überquerung der alpen
gedacht?
kunstbuch
abbildungen
als
farbiger ausdruck
eines einmaligen
eindrucks
4 haiku am see
rast – und am wegrand
glitzern im licht der sonne
so hell die steine
ob‘s wohl die mücke
nach ihrem stich in die haut
auch so gejuckt hat?
wie schnell und flirrend
über dem wasser am kiesufer
schillernd: libellen!
blau-lila leuchtend
streckt sich heute durch den zaun
eine prunkwinde
17cm orangencalcit
seine flügel
leuchten wie die sonne,
geduldig und freundlich
wirkt er, wärmend,
doch er schaut sehr nachdenklich -
was er alles so sieht
am fenster -
der engel aus stein
beim malen
eintauchen
in die farben
energie
versprühen
leuchtkraft
genießen
noch ein bisschen
korrigieren
und dann das fertige bild
willkommen heißen
sonnenfänger
auf den regenbogenfarbenen
lichtpunkten
an der wand
gehen meine träume
spazieren
***
drückende hitze -
nur ein kleines bisschen
erfrischung…
ah, der chinesische
fächer!
abreißkalender
jeden tag
ein neues blatt
in gleicher größe
aber der sommer
geht trotzdem
vorbei und die tage
werden kürzer
ausruf des kindes
ui -
die banane
hat ja
sommersprossen gekriegt!
***
saftig orange
locken mich
im einkaufskorb
die aprikosen
bildbetrachtung
schwarze striche
durchkreuzen das üppige rot
und unten versteckt sich
noch ein wenig blau –
dennoch - die leinwand
steht in flammen
alter brief
schon abgegriffen
der umschlag, eingerissen
vergilbt
aber darin
immer noch frische
gedanken
telefon
früher klobig, mit wählscheibe
in der leitung rauscht’s
selten, wichtig und teuer,
jeder anruf besonders
heute klein, nur tasten
alles digital und günstig
dazu noch spiele,
dafür permanent überall
sind wir so wirklich
erreichbar?
tod
deine augen
lichtlos
dein gesicht
wächsern
deine hände
schlaff
dein körper
schwer
so wie du daliegst -
als wolltest du
dennoch
gleich wieder
aufstehen
auf dem tisch
die stiele der blumen
lechzen nach wasser
in der noch
leeren vase
ich komme ja schon
mit der gießkanne
graue wolke am himmel
ihre oberseite
zählt die strahlen der sonne
ihre unterseite
weint
6 haiku
doch kirschblütenzeit –
in japan würde man jetzt
ein haiku schreiben
zitronenfalter
laben sich am lavendel
horch - ein kuckuck ruft!
die wäsche flattert
auf der leine im wind und
die amseln zwitschern
jetzt sitzt sie allein
an der bushaltestelle -
die alte krähe
die ersten blätter
werden schon braun und fallen
bald ist der herbst da
das ungesagte
versteckt sich hinter deinen
grau-blauen augen
***
abendwind wiegt leise
die birkenblätter
in den schlaf
sommernacht
fledermäuse
huschen durch die nacht
an unseren köpfen vorbei,
den vollmond halten
die zweige fest,
ihr laub bedeckt
seine blößen,
und glühwürmchen
irrlichtern umher,
am teich
quakt rhythmisch die kröte
gegen das grillenzirpen an
kaum hörbar: schläfrige stille
***
früher herbstnebel
schläft noch zwischen den bergen -
wie sachte die sonne
da draufschaut!
glockenklang
die ersten zarten
glockentöne
läuten sich ein
am ruhigen morgen,
nehmen an stärke zu,
ihre melodie klingt
nun bekannt
und kündet kräftig
vom feiertag
abendrückblick
wenn der tag sich neigt,
der tee dampft in den tassen,
und deine hand liegt
auf der meinen…
ritual
endlich ruhe
im dunklen zimmer
allein
in der ecke
die brennende kerze
vor der goldglänzenden ikone
daneben ein
weihrauchduftendes räucherstäbchen -
jetzt noch das abendgebet
(gott wird es hören)
und dann
gute nacht!
morgens
wie düster draußen:
wolken, regen, kühl
vielleicht doch noch
einmal umdrehen?
langsam
die augen reiben
müdigkeit sitzt
in den gliedern
der wecker
ist erbarmungslos
wach
***
ein lächeln
vom gegenüber
im bus –
der tag fängt
freundlich an